Wie essen und trinken wir in der Zukunft? Diese Frage beschäftigt viele von uns. Antworten liefert unser vierter Trendreport Ernährung. Dafür haben wir 170 führende Ernährungsexpert:innen aus unserem Netzwerk befragt. Was uns die Beobachtungen aus ihren Tätigkeitsbereichen über die Zukunft sagen? Nachhaltigkeit, Flexitarismus und alkoholfreier Genuss sind mehr als 'en vogue'. Mehr zu den 10 TOP Entwicklungen gibt es unten. Im vollständigen Report werfen wir auch einen Blick auf die Auswirkungen von Krieg, Klimawandel und steigenden Preisen auf die Ernährung.
Bild 1: Die 10 wichtigsten Ernährungstrends 2023, Bild 2: 10 der insgesamt 170 befragten Ernährungsexpert:innen (c) NUTRITION HUB, Bild 3: Die Zukunft der Ernährung (c) Tabea Mathern
Fleischesser wandeln sich zu Flexitariern. Supermärkte reservieren ganze Regalfluchten für vegetarische und vegane Lebensmittel. Das Fast Food unserer Tage ist nicht mehr fettig, sondern pflanzlich, bekömmlich und gesund. Alle Zeichen sprechen dafür, dass sich unsere Ernährung zum Besseren wandelt. Dass sie gesünder und nachhaltiger wird. Das ist nicht selbstverständlich, dominierten 2022 doch meist andere Themen den öffentlichen Diskurs: der Krieg in Europa, der Klimawandel oder die steigenden Preise. Doch am Thema Ernährung kommt man nicht vorbei. Es ist schlichtweg zu groß, weil es uns alle betrifft. Täglich.
Mit der richtigen Ernährung kann jeder von uns nicht nur sein eigenes Leben besser machen, sondern auch das seiner Mitmenschen. Beispiele gefällig? Mit einer besseren Ernährung leben Kinder und Erwachsene gesünder. Bewusstes Essen und Trinken kann Glück und Erfüllung bringen. Biologisch produzierte Lebensmittel schonen Flora und Fauna. Innovationen im Food-Bereich führen zu einer höheren Wertschöpfung bei mutigen Unternehmen. Vor allem aber ist das Thema Ernährung untrennbar mit der elementaren Herausforderung unserer Zeit verbunden: dem Kampf gegen den Klimawandel.
Welche Entwicklungen werden beim Thema Ernährung die Zukunft prägen? Dieses Mal haben wir 170 Fachleute zu den maßgeblichen Trends im Ernährungssektor befragt. Das Ergebnis ist der Trendreport Ernährung 2023. In der vierten Auflage dieser Studie verraten die Profis exklusiv, welches Ernährungsverhalten sie beobachten: Was essen die Menschen? Warum und wie essen sie? Und was bewegt sie dabei?
Den gesamten Report mit den 10 Trends und Auswirkungen des Krieges auf die Ernährung hier herunterladen:
Die 10 Ernährungstrends im Jahr 2023
1. Wie nachhaltige Ernährung das Klima und unsere Gesundheit schützt
Der Trend hin zu einer nachhaltigen Ernährung ist auch im Jahr 2023 ungebrochen. Neben dem weitgehenden Verzicht auf Fleisch – dazu unten mehr – ist immer mehr Menschen die regionale Herkunft von Lebensmitteln und die saisonale Anpassung der eigenen Ernährung wichtig. Gleiches gilt für die Transparenz der jeweiligen Lieferkette. Ein rotes Tuch für viele Verbraucherinnen und Verbraucher sind Lebensmittelverschwendung und Verpackungsmüll. Als Vorreiterin in Sachen Nachhaltigkeit darf die Gemeinschaftsverpflegung gelten; für Unternehmen ist die bessere betriebliche Verpflegung ein starkes Argument im Kampf um begehrte Fachkräfte. Der Trend zu Nachhaltigkeit, Transparenz und Regionalität wird mittlerweile auch von den Produzenten gesetzt: Immer mehr von ihnen bieten Alternativen zu Fleischprodukten an, setzen auf Regionalität und kurze Lieferketten.
2. Der Flexitarismus wird zur Massenbewegung
Lange galt es hierzulande als normal, wenn jeden Tag Fleisch oder Fisch auf den Teller kam. Diese Zeiten sind für breite Teile der Bevölkerung angesichts von Klimawandel, Nachhaltigkeitsstreben und Tierwohlorientierung definitiv vorbei. Gleichzeitig ist vielen Menschen der Schwenk hin zu einer rein vegetarischen oder veganen Ernährung zu radikal. Sie möchten sich hin und wieder den Luxus leisten, Fleisch, Fisch oder Meeresfrüchte zu konsumieren. Als Mittelweg liegt daher die pflanzenbetonte – oder flexitarische – Ernährung klar im Trend. „Immer mehr Menschen greifen zu pflanzlichen Produkten, aber Fleisch wird immer noch zu speziellen Anlässen konsumiert“, berichtet Laura Pernetta von der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) Zürich.
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3. „Snackable Content“ – die digitale Ernährungstherapie im Aufwind
Wer hätte das gedacht? Gerade ältere Menschen schätzen heute Online-Angebote in der Ernährungsberatung und -therapie, bieten sie ihnen doch zeitliche wie örtliche Flexibilität. Damit sind die „Silver Ager“ echte Trendsetter, denn Apps, Big Data und die digitale Kommunikation gewinnen in der Ernährungstherapie an Bedeutung. Ebenfalls in der Online-Toolbox vieler Ernährungsprofis: Vorträge, Workshops, Checks und Beratungen. Zu diesem Trend beigetragen hat nicht zuletzt die Corona-Pandemie, in deren Verlauf das Arbeiten von zu Hause und die Kommunikation über digitale Kanäle zur Normalität geworden sind. Vor allem das Smartphone ist heute in Sachen Ernährung unverzichtbar.
4. Wie Convenience Food und gesundes Essen-to-go uns heute helfen
„Wie kann ich mich trotz beschäftigtem Lebensstil gut ernähren?“ Diese Frage stellen sich viele, die Antwort lautet immer öfter: Convenience Food und gesundes Essen-to-go. Schnell zubereitete Gerichte müssen heute keinen Widerspruch mehr zum Thema Achtsamkeit bilden. Mittlerweile haben sich viele Produzenten auf die veränderten Kundenbedürfnisse eingestellt. So gibt es immer mehr Imbisse und Supermärkte, die Bowls, Salate, geschnittenes Obst oder Suppen anbieten. An Flughäfen und Bahnhöfen sind die Schlangen vor den Anbietern von gesundem Fast Food nicht selten länger als jene vor dem nächsten Burgerbräter, „Ghost Kitchens“ und Casual-Food-Konzepte boomen. Eine Renaissance erlebt das „Meal Prepping“, also das Vorkochen gesunder Gerichte für Büro oder Home Office.
5. Wie die personalisierte Ernährung unsere Individualität einbezieht
„One size fits all“? Das war einmal. Viele Fachleute sehen die personalisierte Ernährung im Kommen. Die Gründe? Zuerst ist hier die Flexibilisierung der Arbeitswelt zu nennen. Die Zeiten der Essensaufnahme sind heute ebenso individuell wie das persönliche Aktivitätslevel. Heißt: Es gibt nicht die eine Form der Ernährung, die gut und gesund für alle ist. Immer mehr funktionelle Lebensmittel kommen in Kombination mit digitalen Produkten auf den Markt. Per App werden die richtigen Lebensmittel oder Nahrungsergänzungsmittel vorgeschlagen, um Körper und Gesundheit zu optimieren.
6. Warum die Ernährung für den Darm in den Fokus rückt
Die Darmgesundheit ist spätestens seit Giulia Enders‘ Bestseller „Darm mit Charme“ ein salonfähiges Thema. Zunehmend wird der Darm als wichtige Einflussgröße für Gesundheit und Wohlbefinden wahrgenommen. Bei der Sporternährung rückt der Zusammenhang zwischen Darmgesundheit und körperlicher Leistungsfähigkeit in den Fokus. Das Mikrobiom – also die Billionen zählende Gemeinschaft von Bakterien, Viren und Pilzen, die unseren Körper besiedeln und unsere Verdauung beeinflussen – erhält die ihm gebührende Aufmerksamkeit. Gezielt suchen Verbraucherinnen und Verbraucher nach Produkten, die ein gesundes Mikrobiom unterstützen und für eine reibungslose Verdauung sorgen. Vor allem fermentierte Nahrungsmittel rücken in den Fokus. Das gilt auch für die Gastronomie: In manchem Sternerestaurant werkeln hinter den Kulissen Fachkräfte für Fermentation.
7. Wie das Bewusstsein für gesundes Essen das Wohlbefinden steigert
In der Diskussion über nachhaltiges und klimafreundliches Essen scheint der Aspekt der gesunden Ernährung mitunter in den Hintergrund zu treten. Dabei geht idealerweise beides Hand in Hand – und wird von vielen Verbraucherinnen und Verbrauchern mitbedacht. Sie interessieren sich für Superfoods, suchen Ideen und Motivationen zum Abnehmen oder für eine Ernährungsumstellung. Gefragt sind zudem Erfahrungen mit dem Intervallfasten und gesunde Rezepte.
8. Wie wir mit achtsamer Ernährung die eigenen Ressourcen schützen
Wer regelmäßig soziale Medien nutzt, dem dürfte die Präsenz des Themas Achtsamkeit nicht entgangen sein. Auch in Sachen Ernährung: Zutaten sorgfältig auswählen, Gerichte liebevoll zuzubereiten, sich für das Essen Zeit nehmen, in den eigenen Körper hineinhorchen – all diese Aspekte vereint das Konzept der achtsamen Ernährung. „Viele Menschen, die mit restriktiven Ernährungsweisen und einer alles verherrlichenden Diätkultur aufgewachsen sind, versuchen das eigene Essverhalten zu hinterfragen“, sagt Julia Wild von der FH Oberösterreich. Gerade unter Frauen nimmt das Thema an Bedeutung zu. Sie wollen viele Verbote und Regeln rund ums Essen endlich ablegen und einen entspannteren Umgang damit erlangen.
9. Warum die vegane Ernährung so vielfältig ist wie nie zuvor
Ein Michelin-Stern für ein veganes Restaurant? Diese Nachricht dürfte heute nicht mehr für viel Aufregung sorgen. Der konsequente Verzicht auf alle tierischen Produkte hat sich längst aus dem Nischendasein befreit. Vegane Kochkurse werden gut gebucht und vermitteln Hobbyköchen Ideen und Rezepte. Selbst traditionelle Fleischgerichte wie die Kohlroulade werden mittlerweile vegan zubereitet. Analog dazu stellen sich Produzenten und der Handel besser auf die Bedürfnisse der veganen Zielgruppe ein, Supermärkte und Discounter schaffen Platz für vegane Produkte wie Käse- oder Fleischersatz.
10. Warum alkoholfreie Biere und Weine immer beliebter werden
„Meine Definition von Glück? Keine Termine und leicht einen sitzen.“ Mit diesem Zitat des Berliner Entertainers Harald Juhnke können immer weniger Menschen etwas anfangen: Alkoholfreie Biere, Weine und Schnäpse werden beliebter. Dies gilt insbesondere für junge Menschen – aber auch unter älteren Semestern wird Alkohol zunehmend als gesundheitsschädlich wahrgenommen. Die Lebensmittelindustrie sieht das Potenzial: Sind alkoholfreie Biere schon länger ein echter Umsatzbringer, gewannen zuletzt auch Weine ohne Prozente an Popularität. Start-ups, Forschungseinrichtungen und lokale Initiativen befassen sich damit, durch die Verbindung von Obstsäften mit Hopfen oder durch Fermentierung schmackhafte Alkoholersatzprodukte herzustellen. Wer weiß: Vielleicht hätte das auch Harald Juhnke geschmeckt.
Datenerhebung: Im Zeitraum vom 14. bis 31. Oktober 2022 hatten Ernährungsexpertinnen und -experten aus den Netzwerken von NUTRITION HUB und BZfE die Möglichkeit, an der Befragung zum Trendreport Ernährung 2023 teilzunehmen. Zur Erhebung wurde ein Online-Fragebogen mit offenen und halboffenen Fragen zu Entwicklungen im Ernährungssektor, die in der täglichen Arbeit wahrgenommen werden, genutzt. Die Antworten wurden nach ihrer Häufigkeit gewichtet und ausgewertet. Alle teilnehmenden Expertinnen und Experten haben der Veröffentlichung ihrer Zitate zugestimmt. An der Befragung nahmen 170 Fachleute aus verschiedenen Bereichen des Ernährungssektors teil.
Du willst mit uns oder den Ernährungsexpert:innen zu diesen Trends in Kontakt treten? Dann schick uns eine E-Mail an hello@nutrition-hub.com.
Hier geht es zum Download der Pressemitteilung:
Hier geht es zum Download der Fotos (Bei Nutzung der Fotos von Tabea Mathern die Credits so angeben: (c) Tabea Mathern - BLE)
Dieser Artikel ist eine Zusammenfassung des Trendreport Ernährung 2023, der in Kooperation mit dem Bundeszentrum für Ernährung (BZfE) konzipiert und erstellt wurde. Projektteam: Dr. Margareta Büning-Fesel, Eva Zovko, Harald Seitz, Julia Seeher (alle BZfE) sowie Dr. Simone Frey, Katharina Knoblich, Dr. Tim Tolsdorff und Henrike Böhme (Nutrition Hub).
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(v.l.n.r) Dr. Margareta Büning-Fesel, Eva Zovko, Harald Seitz, Julia Seeher (alle BZfE) sowie Dr. Simone Frey, Katharina Knoblich, Henrike Böhme, Dr. Tim Tolsdorff (alle Nutrition Hub).
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