Mit Frühstücks-Cerealien aus Bananen gehen Ines Kutzli und Mitgründerin Inna Zhuravlova als gutes Beispiel gegen Lebensmittelverschwendung und für ressourcenschonende Lebensmittelproduktion voran.
Ines, du bist momentan Doktorandin im Fachbereich für Lebensmittelphysik – wie kam es dazu?
Ich hatte bereits meine Masterarbeit im Studiengang Food Science and Engineering im Fachbereich Lebensmittelphysik und Fleischwissenschaft an der Universität Hohenheim absolviert. Gegen Ende der Bearbeitung bekam ich das Angebot die Projektarbeit im Rahmen der Masterarbeit als Promotion fortzusetzen. Den Entschluss zu promovieren hatte ich jedoch bereits im Laufe meines Masterstudiums gefasst. Ich arbeite mich sehr gerne tief in komplexe Themen ein und finde es faszinierend dadurch Zusammenhänge zu verstehen und aufzuklären.
Welchem Themengebiet widmest du dich in deiner Doktorarbeit?
Im Rahmen meiner Doktorarbeit befasse ich mich mit der Verbesserung pflanzlicher Proteine als natürliche Emulgatoren. Im Vergleich zu tierischen Proteinen, wie Molkenprotein, haben pflanzliche Proteine technofunktionelle Nachteile, wie z. B. eine schlechtere Löslichkeit. Wir versuchen diese Eigenschaften zu verbessern, indem wir die Proteine mit Polysacchariden chemisch verknüpfen. Im nächsten Frühjahr werde ich die Promotion abschließen. Bis dahin versuchen wir unser Start-up-Projekt „Fruchtstück“ soweit aufzubauen, dass wir im Anschluss an die Promotion in die Selbstständigkeit starten können.
Welche Idee steckt hinter dem Start-up-Projekt „Fruchtstück“?
Das Projekt läuft seit Ende 2017 parallel zur Promotion und hat als ein Projekt des EIT Food (European Institute of Innovation & Technology) begonnen. Beim Circular Food Generator Track standen wir vor der Herausforderung in Kooperation mit verschiedenen Partnern, darunter eine belgische Supermarktkette und das Deutsche Institut für Lebensmitteltechnik (DIL), ein Produkt aus ansonsten im Handel aussortierten Lebensmitteln zu entwickeln. Unser Team in Hohenheim arbeitete mit geretteten Bananen und entwickelte daraus eine knusprige Alternative zu Frühstücks-Cerealien in unterschiedlichen Geschmacksrichtungen. Unser Produkt ist glutenfrei, vegan und enthält deutlich weniger Zucker als vergleichbare Frühstücks-Cerealien. Beim finalen Pitch im Rahmen des EIT-Projekts erhielten wir für unsere Geschäftsidee eine Auszeichnung. Wir überzeugten in den Kategorien Geschmack, Nährwert und Marktpotenzial. Außerdem beeindruckte der hohe Umfang, in welchem Lebensmittelabfälle bei der Produktion vermieden werden können.
Wie sehen deine Zukunftspläne aus?
Seit Anfang 2019 arbeiten wir als Zweierteam an der weiteren Umsetzung der Idee. Unter dem Namen „Fruchtstück“ versuchen wir ein Start-up aufzubauen. Inna Zhuravlova studiert Bioökonomie im Master und kümmert sich um die betriebswirtschaftlichen Aspekte und ich kümmere mich um das Produkt. In so einer frühen Phase einer Gründung gibt es aber so viel zu tun, dass jede von uns alle Aufgaben übernimmt, die gerade anfallen. Wir sind derzeit auf der Suche nach einem Produzenten, mit dem wir unseren Prototyp zur Marktreife weiterentwickeln können.
Mit eurem Start-up setzt ihr euch für den Bereich Nachhaltigkeit und Innovation in der Ernährung ein. Warum ist dieses Thema deiner Meinung nach in Zukunft so wichtig?
Vor allem die Nachhaltigkeit liegt mir am Herzen. Lebensmittelverschwendung ist ein ganz großes Thema in unserem Bereich, über das Lebensmittel- und Ernährungsexpert*innen viel zu wenig sprechen. Bei der Verarbeitung von Lebensmitteln in der Industrie sowie im Handel fallen neben unvermeidbaren Schälabfällen auch viele vermeidbare Lebensmittelabfälle an. Das sind Kalorien, die komplett nutzlos produziert wurden und nie der menschlichen Ernährung zugutekommen. Als Lebensmitteltechnologin finde ich es sehr wichtig innovative Lösungen zu entwickeln, um wertvolle Ressourcen zu schonen. Auch privat engagiere ich mich gegen Lebensmittelverschwendung und versuche mein Fachwissen zu nutzen, um auch bei Verbraucher*innen darüber aufzuklären, wie im Haushalt Lebensmittelabfälle vermieden werden können.
Was können Ernährungsexpert*innen deiner Meinung nach richtig gut?
Wir Lebensmitteltechnolog*innen sind super darin, neue spannende Produkte zu entwickeln und bei deren Produktion für eine hohe Qualität und Sicherheit zu sorgen. Mit dem Boom der veganen Fleischersatzprodukte seit letztem Jahr, haben wir bewiesen, dass wir auch richtig gut darin sind, nachhaltige Antworten auf wichtige Ernährungsfragen zu liefern.
Hast du ein Vorbild, das dich inspiriert?
Ein direktes Vorbild habe ich nicht wirklich. Am meisten inspirieren mich Menschen, die für ihre Überzeugungen einstehen.
Was ist Ernährung für dich?
Ernährung hat so viele Ebenen – die gesundheitliche, soziale, politische. Und darüber hinaus geht es auch einfach um Genuss. Ein hochkomplexes Thema, zu dem wir auf jeden Fall Expert*innen brauchen.
Wer Ines und Inna auf ihrer Reise begleiten möchte, der folgt Fruchtstück am besten auf Instagram.
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Interview von Nina Susann Schmidt
Geführt wurde dieses Interview von Nina Susann Schmidt. Nina ist eine #powernutritionist aus unserer Community. Nach einer Ausbildung zur Journalistin geht Nina jetzt ihrer zweiten Leidenschaft nach, der Ernährungswissenschaft. In Zukunft möchte sie beides kombinieren, um fundiertes Ernährungswissen für alle greifbarer zu machen. Ihr könnt euch mit Nina über LinkedIn und Instagram vernetzen.