Funktionelle Ernährung: Der Trend 4 im Trendreport 2025
- NUTRITION HUB
- 15. Feb.
- 4 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 13. Juni

Für immer jung und gesund: Die Zeiten, in denen Gesundheit einfach nur die Abwesenheit von Krankheit bedeutete, sind vorbei. Gesundheit ist ein Projekt, eine Mission, fast schon ein Fulltime-Job. Im Zentrum steht der Longevity-Trend: die Verlängerung der gesunden Lebensspanne durch bewusste Entscheidungen in Ernährung und Lebensstil. 63 Prozent der befragten Expertinnen und Experten beobachten, dass funktionelle Lebensmittel und Nahrungsergänzungsmittel zunehmend ein fester Bestandteil der Ernährung werden. Dabei sind sich die Fachleute einig: Nahrungsergänzungsmittel sind unter normalen Umständen nicht notwendig.
Den gesamten Report mit den 10 Trends hier herunterladen:
Die Nutrition Hub Definition zu diesem Trend
"Funktionelle Ernährung“ bezieht sich auf den Verzehr von Lebensmitteln oder Nahrungsergänzungsmitteln, die gezielt die Gesundheit fördern sollen. Erhofft wird unter anderem, auf diese Weise das Immunsystem zu stärken, die Stimmung zu verbessern, die Gehirnleistung zu steigern oder die Hautgesundheit zu unterstützen.
Boost me up: Gesundheit als Upgrade
Man kann ihnen kaum mehr aus dem Weg gehen: Produkte, die mehr Performance versprechen, vermeintliche Immun-Boosting-Getränke oder Nahrungsergänzungsmittel, die mentale Schärfe fördern sollen: "Ich bemerke immer häufiger, dass Produkte gewählt werden, weil sie einen Zusatznutzen bringen sollen – Tee, der wacher und gesünder machen soll, oder Gummibärchen mit Vitaminen", sagt Ann-Kristin Dorn, Professorin für Culinary- und Food-Management an der IU Internationalen Hochschule. Die Gründe liegen laut der Beobachtungen auf der Hand: "Ein aktiver und gesundheitsbewusster Lebensstil scheint eine wichtige Triebfeder zu sein", sagt Daniel Gareis, Geschäftsführer der "Amadou" GmbH.
Nahrungsergänzungsmittel: Braucht’s das wirklich?
Die Regale quellen über vor Nahrungsergänzungsmitteln, die in sämtlichen Bereichen – von Longevity über Immunsupport bis zu Mood Boosting – angeblich alles können. "Der Konsum von meist überflüssigen Nahrungsergänzungsmitteln scheint trotz intensiver Aufklärungsarbeit noch weiter zu steigen statt zu sinken", sagt Sonja Schäche, Wissenschaftsjournalistin in der Fachgruppe Presse- und Öffentlichkeitsarbeit am Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR). Die Motivation? Eine optimale Versorgung, auch in Zeiten von schlechter Ernährung. Beobachtet wird dies auch in Familien: "Eltern greifen schnell auf Nahrungsergänzungsmittel zurück, weil sie mit der Ernährung ihres Kindes nicht zufrieden sind. Das ist dann der vermeintlich einfache Weg. Dabei sind Nahrungsergänzungsmittel unter normalen Umständen gar nicht notwendig", sagt Jana Ahrens, Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin, Inhaberin von "Apfelfuchs". Ein flächendeckender Einsatz von Nahrungsergänzungsmitteln als "Versicherung" könnte hier zu einer kritischen Entwicklung werden, bei der echte Ernährungsbildung und Körperbewusstsein auf der Strecke bleiben. "Der Wunsch nach einem ‚Quick Fix‘ ist groß. Es liegt viel Unklarheit und Unwissenheit sowie anekdotisches Wissen vor", sagt Dr. med. Anne Latz von der Uniklinik Köln.
Positiv empfinden einige der Expertinnen und Experten den immer detaillierten wissenschaftlichen Blick auf funktionelle Lebensmittel. Ein Beispiel gibt Leon Saschin, Ernährungswissenschaftler und Doktorand an der Uniklinik Köln für Kinder- und Jugendmedizin: "Ich beobachte, dass sich mehr wissenschaftliche Fragestellungen mit der immunmodulierenden Wirkung von Lebensmitteln beschäftigen." Dies zeigt: Wir sind dabei, die Art und Weise, wie Inhaltsstoffe möglicherweise unsere Gesundheit beeinflussen, immer besser zu verstehen.
Longevity – Der Lifestyle, der Gesundheit neu definiert
Intermittierendes Fasten, Biohacking, Anti-Aging-Kuren – was vor wenigen Jahren noch hartgesottenen Fans der Selbstoptimierung vorbehalten war, wird heute nicht nur fleißig von Influencerinnen und Influencern geteilt, sondern auch von vielen adaptiert. "Longevity übt einen Reiz aus, der um ein Vielfaches stärker ist als die angestaubte Prävention", so Maximilian Frese, Maximilian Frese, Fachgruppensprecher Digitalisierung im Verband der Diätassistenten, Ernährungstherapeut und Gründer von "MaxiMahl". Laut der befragten Expertinnen und Experten verschmilzt der Longevity-Trend so immer mehr mit der Definition von einem gesunden Lebensstil, bei dem es nicht nur um das Hier und Jetzt geht, sondern auch um die Verlängerung der eigenen gesunden Lebensspanne.
Befeuert wird der Ernährungstrend nicht nur durch soziale Medien. "Das Thema Longevity trifft auf zunehmendes Interesse in der Lehre", so Dr. Georg Abel, Ernährungswissenschaftler und Professor an der Europäischen Hochschule für Innovation und Perspektive (EHiP). "Es beeinflusst meiner Beobachtung nach dabei auch die Entwicklung neuer Produkte." Hier entwickeln sich derzeit neue Fragestellungen: "In der Forschung spielt es derzeit eine große Rolle, neben direkten Effekten der Ernährung oder einzelner Inhaltsstoffe auf ein Individuum auch die Auswirkung auf Folgegenerationen zu untersuchen", sagt Leon Saschin, Ernährungswissenschaftler und Doktorand an der Uniklinik Köln für Kinder- und Jugendmedizin. Was wir heute essen, könnte nicht nur unsere eigene Gesundheit beeinflussen, sondern auch die unserer Kinder und Enkel. Dieser transgenerationale Ansatz gibt dem Longevity-Trend eine neue Dimension.

Muskelaufbau und Körperideale: Gesundheit als Look
Vor allem die jüngere Generation macht klar, dass Gesundheit für sie oft körperliche Performance und Ästhetik bedeutet. Fit ist das neue sexy: "Bei jüngeren Menschen wird Gesundheit oft mit dem ‚Körperideal‘ und Muskelaufbau gleichgesetzt", sagt Prof. Dr. Christine Brombach von der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften.
Eine positive und akzeptierende Einstellung zum eigenen Körper ging unter dem Hashtag #BodyPositivity einst viral – doch scheint es, als ob sich bei dieser Bewegung etwas verändert. Dr. Antonie Post, Ernährungswissenschaftlerin und Ernährungsberaterin, beobachtet, dass das Interesse an Körperakzeptanz rückläufig zu sein scheint
Stattdessen stehen Körperperfektion und Gesundheit immer häufiger im Zusammenhang mit ästhetischen Idealen und Leistungssteigerung. Und die funktionelle Ernährung scheint dieses Ziel zu bedienen, manchmal mit mehr Fokus auf den "Idealkörper" als auf echte Gesundheitsbedürfnisse.
Eine gesunde Zukunft?
Funktionelle Ernährung ist auch in Zukunft ein großes Thema. Der Drang nach Selbstoptimierung ist Ausdruck einer selbstbewussten Gesellschaft, die sich aktiv um ihre Gesundheit kümmert. Sie fordert aber auch eine reflektierte Auseinandersetzung mit unserem Verständnis von Gesundheit. Und es bleibt die Frage: Wie nachhaltig ist es, wenn immer mehr Menschen meinen, funktionelle Produkte kaufen zu müssen, um gesund zu sein?
Dieser Artikel ist ein Auszug aus dem Trendreport Ernährung 2025, der in Kooperation mit dem Bundeszentrum für Ernährung (BZfE), der Dr. Rainer Wild-Stiftung, der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) Heilbronn und EIT Food Region West konzipiert und erstellt wurde.
Projektteam: Eva Zovko, Dr. Barbara Kaiser, Harald Seitz, Astrid Donalies (alle BZfE), Prof. Dr. Carolyn Hutter (DHBW), Dr. Silke Lichtenstein (Dr. Rainer Wild-Stiftung) und Frank Horlbeck (EIT Food Region West) sowie Dr. Simone Frey, Nina Koch, Meike Schnell-Schintag und Henrike Böhme (alle Nutrition Hub).
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