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Lars Klug - Doktorand am Experimental and Clinical Research Center (ECRC) der Charité


Lars Klug beim Experimentieren im Labor

Author: Lina Bahr

Wie kamst du auf die Idee Ernährungswissenschaften zu studieren?

Wenn ich ehrlich bin, hat das wohl in erster Linie mit meiner Jugendliebe zu tun. Nachdem Sie sich von mir getrennt hatte und ich die Gründe für das Beziehungsende vor allem in meinem leichten Übergewicht suchte, fing ich nicht nur an noch intensiver Sport zu treiben, sondern mich auch explizit mit dem Thema Ernährung auseinander zu setzen.

Dies half mir nicht nur dabei körperlich fitter zu werden, sondern bildete auch die Interessenbasis an einem ernährungswissenschaftlichen Studium, nachdem mein Vorhaben Medizin zu studieren, an den von Jahr zu Jahr immer strenger werdenden Zulassungskriterien, gescheitert war.

Wo hast du Ernährungswissenschaften studiert?

Ich habe an der Friedrich-Schiller-Universität zu Jena studiert.

Hat dir das Studium gefallen? Wenn ja, was hat dir gefallen, was eher nicht? Würdest du es nochmal studieren?

Mir hat das Studium der Ernährungswissenschaft außerordentlich gut gefallen und sehr viel Spaß gemacht. Einen wichtigen Beitrag dazu haben aber nicht nur das Studium an sich, sondern auch die perfekten Rahmenbedingungen in der sehr schönen Studentenstadt Jena und die netten Kommilitonen, Professoren und die vielen anderen interessanten Menschen, die ich während meines Studiums kennenlernen durfte, geleistet.

Rein fachlich hat mich das stark naturwissenschaftlich geprägte Studium in vielen Facetten begeistert, auch wenn ich mich während des Grundstudiums an einigen Stellen fragte, wofür ich dies und jenes brauche, weil es weit ab vom eigentlichen Thema Ernährung war. Das diese Grundlagen wichtig waren, um die komplexen Zusammenhänge im weiteren Studienverlauf begreifen zu können, habe ich erst sehr viel später verstanden. Trotzdem habe ich es sehr bedauert, dass einige meiner Kommilitonen auf Grund der harten Prüfungsordnung und dem insbesondere während der Klausuren-Phase hohen Leistungsdruck das Studium vorzeitig beenden mussten, obwohl die Prüfungsinhalte noch nicht viel mit dem Thema Ernährung zu tun hatten.

Es dauerte bis zum Hauptstudium bis die wirklich ernährungsrelevanten Inhalte durchgängig auf dem Stundenplan standen. Von da an war ich voll und ganz davon überzeugt das für mich richtige Studium gewählt zu haben. Insbesondere die Möglichkeit im Rahmen von Wahlpflichtfächern über den „Forscher-Tellerrand“ hinaus auch auf andere Fachrichtungen zu blicken und die vielfältigen beruflichen Einsatzfelder eines Ernährungswissenschaftlers theoretisch und praktisch kennenzulernen, hat mir sehr gefallen. Hier muss ich meiner Heimat-Universität noch einmal ein großes Kompliment aussprechen, da ich im Nachhinein erfahren habe, dass das nicht an jeder Universität gängige Praxis ist und man sich dort selbstständig bemühen musste, wollte man etwas anderes als die Forschung kennenlernen. Letztlich bin ich trotzdem der Forschung treu geblieben. Retrospektiv betrachtet, kann ich voller Überzeugung sagen, dass ich das Studium jeder Zeit wieder anstreben würde.

Wo arbeitest du und wie sieht ein normaler Arbeitstag/ Arbeitswoche für dich aus?

Ich arbeite als wissenschaftlicher Mitarbeiter in einem klinischen Forschungszentrum an der Charité Universitätsmedizin Berlin. Unser Institut verfolgt das Ziel, neue Erkenntnisse aus der Grundlagenforschung schnellstmöglich vom Tiermodell auf den Menschen zu übertragen und innovative Therapieansätze für verschiedene Krankheitsbilder zu entwickeln.

Mein Hauptaufgabenfeld liegt in der Konzeption, Betreuung und Auswertung von klinischen Studien, und deren anschließende wissenschaftliche Präsentation und Publikation in Fachzeitschriften und auf Kongressen. Ich verbringe also viel Zeit im Bürostuhl, aber die tägliche Arbeit mit den Patienten oder auch im Labor, wo wir die Probenanalyse durchführen, halten auch viel Abwechslung bereit.

Wie kam die Idee zur Promotion, über welches Thema hast du promoviert?

Unmittelbar nach meinem Abschluss bekam ich die Möglichkeit eine klinische Studie zu betreuen. Diese hatte zum Ziel, den Einfluss von moderatem Laufbandtraining unter Hypoxie (Sauerstoffminderung) gegenüber einem normalen Laufbandtraining bei Patienten mit metabolischem Syndrom zu untersuchen.

Dieses Thema hat mich, nachdem ich mich ein wenig in die Materie hineingelesen hatte, so begeistert, dass ich nicht lange überlegen musste, als mir nach Beendigung der Studie angeboten wurde, die Ergebnisse dieser Studie im Rahmen einer Promotion auszuwerten und zu publizieren.

Was ist das Beste an deinem Job? Würdest du dich wieder dafür entscheiden?

Als das Beste an meinem Job empfinde ich die tägliche Arbeit mit den Probanden und Patienten, die man während der oftmals mehrmonatigen Studien persönlich sehr gut kennenlernt. Dies bringt nicht nur eine Menge Abwechslung in den Arbeitsalltag, sondern führt auch dazu, dass mein eigener Wissenshorizont vor allem in den außerfachlichen Gesprächen um einiges erweitert wird.

Da ich von Natur aus ein sehr wissbegieriger Typ bin, der schon immer vom menschlichen Körper und dessen Funktionsweise fasziniert war, kann ich mir keinen besseren Job als den des Wissenschaftlers vorstellen. Ich habe bei meiner Arbeit das Gefühl, durch meine Forschung bei der Aufklärung von relevanten Fragestellungen mitzuwirken, die zukünftig zur Behandlung von bestimmten Krankheitsbildern beitragen können. Der Gedanke damit anderen Menschen helfen zu können und ihre Leiden eventuell etwas zu lindern, empfinde ich als sehr erfüllend.

Auch wenn es insbesondere am Anfang der Karriere etwas mühsam sein kann den für sich persönlich richtigen Weg zu finden und dort Fuß zu fassen, würde ich mich auch wieder für den Beruf des Wissenschaftlers entscheiden.


Was empfiehlst du Berufseinsteigern, die den Weg in die Forschung/Klinik suchen?

Ich denke, man sollte schon während des Studiums damit beginnen, möglichst viele Erfahrungen und Kenntnisse etwa durch Praktika zu machen. Das hilft zum einen dabei einen guten Überblick über die vielfältigen Möglichkeiten nach dem Studium zu bekommen und zum anderen findet man so schon relativ frühzeitig heraus, welche Themenfelder und Bereiche einen besonders ansprechen. Ich habe so etwa für mich herausgefunden, dass die Grundlagenforschung zwar sehr spannend sein kann, ich aber lieber in der klinischen Forschung arbeiten möchte.

Auch sollte man sich bewusstmachen, dass es gerade am Anfang einer wissenschaftlichen Karriere nicht immer nur steil bergauf geht. Hier bedarf es Durchhaltevermögen und natürlich sehr viel fleißiger Arbeit, bis die ersten eigenen Publikationen auf den Weg gebracht sind und man bereit ist, erste eigene Forschungsideen in die Tat umzusetzen.

Was hältst du für die größten Hürden in unserem Fachbereich?

Es gibt immer noch viele Menschen und auch medizinische Fachleute, die entweder nur sehr wenig darüber wissen, was ein Ernährungswissenschaftler im Laufe seines Studiums lernt oder uns sofort mit dem Thema Ernährungsberatung assoziieren. Dabei ist unser Studium so viel vielschichtiger und – zumindest an einigen Standorten – stark naturwissenschaftlich geprägt. Unsere biochemischen und physiologischen Kenntnisse werden insbesondere von Medizinern oftmals unterschätzt.

Hier wünsche ich mir ein stärkeres Bewusstsein für unsere Fähigkeiten, sodass man in einem interdisziplinären Team noch stärker voneinander profitiert. Mein Arbeitsgruppenleiter – selbst ein Mediziner – hat diese Tatsache erkannt und weiß sehr genau, dass er sich bei vielerlei Fragestellungen auf unsere Expertise verlassen kann.

Viele Ernährungswissenschaftler wollten eigentlich Medizin studieren. Ist die Ernährungswissenschaft eine gute Alternative? Wo liegen Schnittstellen, wo Grenzen?

Diese Frage schließt sich meinen vorherigen Ausführungen an. Sicherlich kommen wir Ernährungswissenschaftler an unsere Grenzen, wenn es um die Beurteilung und Diagnostik bestimmter Krankheitsbilder oder die Durchführung medizinischer Eingriffe geht. Dennoch kann die Ernährung wesentlich zu Prävention und Behandlung von Krankheiten beitragen, weshalb sie in der modernen Medizin, wo man für die Therapie neuerdings oftmals einen gesamtheitlichen Ansatz wählt, einen immer wichtiger werdenden Faktor darstellt.

Warum braucht die Welt zudem Ernährungswissenschaftler in deinen Augen?

Der größte Vorteil von Ernährungswissenschaftlern liegt meiner Meinung nach in Ihrer interdisziplinären Ausbildung. Dadurch ist es Ihnen möglich wissenschaftliche Fragestellungen aus unterschiedlichen Perspektiven zu betrachten und größere, komplexe Zusammenhänge schnell zu erfassen. Die Forschung stellt aber nur ein mögliches Einsatzgebiet dar.

Es ist kein Geheimnis, dass viele Krankheitsbilder – sowohl therapeutisch, als auch präventiv – wesentlich durch die Ernährung beeinflusst werden können. Meines Erachtens wird dafür, nicht nur in Deutschland, zu wenig getan bzw. zu wenig Aufklärung betrieben. Das Thema Ernährung sollte schon in der Grundschule einen festen Platz im Lehrplan haben und nicht nur beiläufig im Sachkundeunterricht Erwähnung finden. Da Kinder in jüngeren Jahren noch nicht selbst unterscheiden können, welche Nahrungsmittel als gesund betrachtet werden können, gilt es hier auch die Eltern in die Pflicht zu nehmen und dafür Sorge zu tragen, dass auch diese sich bewusst mit dem Thema Ernährung auseinandersetzen. Ernährungswissenschaftler können mit einer gewissen didaktischen Ausbildung auch sehr gut in der Kinder- und Erwachsenenbildung eingesetzt werden, um dort ihr Wissen weiter zu geben, was ich im Privaten übrigens auch sehr gerne tue.

Auch wenn ein Ernährungswissenschaftler oft auf das Thema Ernährungsberatung reduziert wird, was er nicht so gerne hört, weil das Studium doch sehr viel mehr beinhaltet, so ist auch die Beratung ein wichtiges und nicht zu unterschätzendes Betätigungsfeld. Zwar kommt es hier oftmals zu Überschneidungen mit den Kompetenzen der Diätassistenten und Diätassistentinnen, die die Beratungslehre in ihrer Ausbildung mit Hinblick auf die verschiedenen Krankheitsbilder wesentlich tiefgründiger behandeln, aber dennoch denke ich, dass, mit Hilfe von entsprechenden Zusatzqualifikationen, auch das ein interessantes und spannendes Tätigkeitsfeld sein kann. Bevor man sich als Ernährungsberater selbständig macht, muss man allerdings entsprechende postgraduale Zusatzqualifikationen (z. B. DGE-Zertifizierung) erwerben, die mitunter aus privaten Mitteln finanziert werden müssen und noch einmal zusätzliche Ausbildungszeit in Anspruch nehmen.

Medial wird dem Thema Ernährung zwar eine breite Aufmerksamkeit eingeräumt, aber trotzdem halten sich hier hartnäckig einige Mythen und Irrtümer im speziellen was den Erfolgt von Diäten oder den Einsatz von Nahrungsergänzungsmitteln angeht. Der Verbraucher sollte nicht nur lernen zwischen gesunden und ungesunden Produkten zu unterscheiden, sondern sollte beispielsweise auch dazu befähigt sein die Werbeaussagen der Ernährungsindustrie bewerten und einordnen zu können. Der Verbraucherschutz stellt ein in meinen Augen bisher von der Politik eher stiefmütterlich behandeltes Themenfeld dar. Die Lobbyarbeit und der damit verbundene politische Einfluss der Ernährungsindustrie betrachte ich schon seit längerer Zeit mit einem gewissen Argwohn. So halte ich beispielsweise die Einführung der Nährwertampel nicht nur für sinnvoll, sondern für dringend erforderlich, um die weit verbreitete Fehlernährung von Kindern und Erwachsenen und die damit entstehenden gesundheitlichen Folgen einzugrenzen. Darüber hinaus gibt es noch eine Menge weitere Dinge, die ich als verbesserungswürdig einstufe und wo Ernährungswissenschaftler in jedem Fall am Entwicklungsprozess beteiligt sein sollten.

Natürlich ist es aber auch für die Ernährungsindustrie sinnvoll Ernährungswissenschaftler anzustellen. Damit meine ich nicht nur in der Qualitätssicherung pflanzlicher und tierischer Lebensmittel, wo es vornehmlich um die Grenzwert- oder Sollwertkontrolle geht, sondern vielmehr wie ein Lebensmittel nicht nur haltbarer, sondern gleichzeitig auch mit einem ernährungsphysiologischen Mehrwert versehen werden kann. Das soll nicht heißen, dass ich den Verzehr von hochprozessierten Lebensmitteln befürworte, aber die Zunahme von Convenience-Produkten auf dem deutschen Lebensmittelmarkt zeigt, dass diese Entwicklung nicht mehr aufzuhalten ist und einfach zuzubereitende Produkte immer häufiger auf dem Teller landen.

Die Einsatzmöglichkeiten und Tätigkeitsfelder für Ernährungswissenschaftler sind also sehr Ich habe zunehmend das Gefühl, dass Forschung, Wirtschaft und Politik langsam beginnen zu begreifen, welch großen gesellschaftlichen Stellenwert das Thema Ernährung einnimmt und dass es wichtig ist in diesem Bereich hochqualifizierte Fachleute einzusetzen.

Wie betrachtest du die Versorgung bzgl. Ernährung in deutschen Kliniken?

Aus meiner Erfahrung heraus wird in deutschen Kliniken zu wenig Wert auf das Thema Ernährung gelegt. Jeder Patient – sieht man mal von Diabetikern ab – bekommt eine Standardkost angeboten, die oft weit von den wissenschaftlichen Empfehlungen zur Nährstoffzufuhr entfernt ist. Hier besteht dringend Handlungsbedarf im Sinne eines individuellen Mahlzeitenplans für bestimmte Patientengruppen. Kostendruck und wirtschaftliche Zwänge, die inzwischen Alltag in deutschen Krankenhäusern sind, verhindern diese Entwicklung zunehmend. Ich bin der festen Überzeugung, dass hier am falschen Ende gespart wird und viele Patienten stark davon profitieren würden, wenn man der Ernährung in der Krankenhausversorgung zukünftig wieder etwas mehr Beachtung schenkt.

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