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ERLEBNIS ESSEN: Bewusstsein für gesunde Ernährung

Unser Blick auf Gesundheit und Ernährung wandelt sich und immer mehr Menschen achten darauf, was sie gesund hält und ihnen gut tut. Auf Platz 4 im Trendreport Ernährung 2022 steht Bewusstsein für gesunde Ernährung. Themen wie Achtsamkeit und Selbstfürsorge halten vermehrt Einzug in unseren Alltag. Doch mehr Bewusstsein für den eigenen Körper zeigt sich vor allem bei Frauen aus einem wichtigen Grund. Lest hier was unsere Expertinnen und Experten zu diesem Trend beobachten:

Trend 4: Bewusstsein für gesunde Ernährung © Tabea Mathern


27 Prozent der befragten Expertinnen und Experten nannten Bewusstsein für gesunde Ernährung an vierter Stelle der zehn wichtigsten Entwicklungen der nächsten Dekade. Klar ist: Heute wird Ernährung als ein zentraler Baustein wahrgenommen, um nicht nur lange, sondern lange gesund zu leben. Gleichzeitig ist Gesundheit einer der zwölf vom Zukunftsinstitut definierten Megatrends. Zu diesem Megatrend gehören auch die Trendbegriffe Achtsamkeit, Frauengesundheit, Ganzheitliche Gesundheit, Gesund Altern, Selbstoptimierung und Selbstfürsorge. Die eigene Gesundheit zu erhalten und Krankheiten gar nicht erst entstehen zu lassen ist das, wonach Menschen vermehrt streben.


Weg von der Therapie, hin zur Salutogenese

Hier gewinnt auch der Begriff der „Salutogenese“ an Bedeutung: Dieser beschreibt die Entstehung und Erhaltung von Gesundheit. Ihr Begründer, der Medizinsoziologe Aaron Antonovsky, entwickelte das Konzept der Salutogenese als Gegenstück zur Pathogenese. Gesundheit wird hier nicht als Zustand, sondern viel mehr als Prozess verstanden und ist stets angetrieben von der Frage, was den Menschen gesund hält. Mehr dazu im BZfE-Artikel zur Salutogene Ernährungskommunikation.

 

Hier steht der vollständige Trendreport Ernährung 2022 zum Download zur Verfügung:

Trendreport Ernaehrung 2022
.pdf
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Die befragten Expertinnen und Experten beobachten, dass immer mehr Menschen sich gesünder ernähren möchten, um im Alltag fitter und leistungsfähiger zu sein. Sie reflektieren ihren Lebensstil, setzen ihn mit der Ernährung in Verbindung und erkennen den Einfluss der Ernährungsweise auf die eigene Gesundheit. Dies führt zu einer intensiven Auseinandersetzung mit Daten zur Ernährung. Der allgemeine Wissensstand in der Bevölkerung zum Thema Ernährung ist im Vergleich zur letzten Dekade wesentlich fundierter und bewegt sich teilweise auf sehr hohem Niveau. Dabei stehen die Fragen im Fokus, woher das eigene Essen kommt und wie es die eigene Leistung positiv beeinflussen kann. „Darüber hinaus hat die Corona-Pandemie gezeigt, dass die eigene Ernährung ein Gefühl der Sicherheit gibt, da sie selbst gesteuert werden kann. Die Pandemie dagegen fühlt sich für die meisten Menschen unkontrollierbar an“, erklärt Dr. Kai-Brit Bechtold, Senior Consumer Research Scientist bei ProVeg International.


"Die Corona-Pandemie hat gezeigt, dass die eigene Ernährung ein Gefühl der Sicherheit gibt, da sie selbst gesteuert werden kann."
- Dr. Kai-Brit Bechtold

Das Bewusstsein bei jungen Erwachsenen (15 bis 29 Jahre): Die Ökotrophologin Maren Schulze weist darauf hin, dass sich laut Jugendreport zur Zukunft nachhaltige Ernährung der Universität Göttingen knapp 90 Prozent der jungen Erwachsenen für Lebensmittel und Ernährung interessieren; Food ist ein Trendthema in der Jugend.


Das Bewusstsein bei Frauen und Männern: Vor allem Frauen sehen Ernährung als zentrales Element, um die eigene Gesundheit selbstwirksam zu beeinflussen. Männer hingegen – vor allem ab den mittleren Lebensjahren – tun sich schwer anzuerkennen, dass die eigenen Essgewohnheiten ihre Lebensqualität beeinflussen könnten. Die befragten Fachleute beobachten zudem, dass Männer diesen Alters Veränderungen, insbesondere im Hinblick auf ihren Fleischkonsum, blockieren.


Bei den Frauen, vor allem in der Altersgruppe ab 40 Jahren, ist dagegen fundiertes Wissen zur Ernährung vorhanden. Die größte Herausforderung, so Susanne Lindenthal von der Ernährungsberatung essenbelebt, liege nicht in der Wissensvermittlung, sondern in der Unterstützung im Alltag, zum Beispiel durch Ideen für mehr Gemüseverzehr oder hilfreiche Rezeptbeispiele. Hintergrund für das Interesse an der Ernährung in dieser Bevölkerungsgruppe sind die (bevorstehenden) Wechseljahre. Sie lenken den Fokus der Frauen auf den eigenen Körper und verstärken den Wunsch, den weiblichen Zyklus über die Ernährung zu unterstützen und für mehr Wohlbefinden zu sorgen.


Die Achtsamkeit beim Essen nimmt durch das gestiegene Bewusstsein ebenso zu: „Die Möglichkeit des achtsamen oder auch intuitiven Essens nach Körpergefühl – genussvoll und ohne Verbote – wird von den Verbraucherinnen und Verbrauchern vermehrt gesucht“, beobachtet der Redner und Autor für Ernährungs- und Gesundheitspsychologie Frédéric Letzner. „Menschen möchten bewusst essen, möchten entschleunigen.“


"Die Möglichkeit des achtsamen oder auch intuitiven Essens nach Körpergefühl – genussvoll und ohne Verbote – wird von den Verbraucherinnen und Verbrauchern vermehrt gesucht."
- Frédéric Letzner

Die freiberufliche Diätassistentin Misava Macamo berichtet aus ihren Online-Ernährungsberatungen, dass bei rund 80 Prozent ihrer Patientinnen und Patienten der Aspekt „Mental Health“ im Vordergrund stehe. Das Streben danach, Glaubenssätze zu lösen, den Umgang mit Stress zu erlernen, innere Antriebsfedern zu finden und den eigenen Selbstwert zu stärken, führe so letztlich zu einer intuitiven, gesünderen Ernährung.


Viele Erwachsene möchten ihre eigene Beziehung zum Essen „heilen“ und sagen Diäten den Kampf an. „Bis vor kurzem schien es undenkbar, dass ein Diabetes Typ 2 gewichtsneutral behandelt werden könnte. Dass das Hauptziel nicht lautet, Gewicht zu verlieren, sondern sich darauf konzentrieren zu dürfen, gesunde Verhaltensweisen in das eigene Leben zu holen“, sagt die Ernährungswissenschaftlerin Dr. Antonie Post, Expertin für HAES®.



"Bis vor kurzem schien es undenkbar, dass ein Diabetes Typ 2 gewichtsneutral behan-delt werden könnte."
- Dr. Antonie Post


HAES® und Intuitives Essen

HAES® (Health At Every Size®) ist eine medizinisch erprobte, gewichtsneutrale Anleitung zu mehr Gesundheit und Wohlbefinden. Die drei Säulen von HAES® sind Selbstakzeptanz, intuitive Ernährung und Bewegung aus Freude. Der Fokus auf das Körpergewicht tritt in den Hintergrund, Wohlbefinden in den Vordergrund.


Intuitives Essen hat das Ziel, eine positive Beziehung zu Nahrung und zum Vorgang des Essens zu schaffen. Es geht bei diesem Prozess darum, nach Hunger- und Sättigungsgefühl zu essen und externales, emotionales und gezügeltes Essen zu vermeiden.


Außerdem sei es diesen Verbraucherinnen und Verbrauchern wichtig, dass die eigenen Kinder mit einem gesunden Essverhalten und Körperbewusstsein aufwachsen, um nicht in den Teufelskreis der Diäten zu geraten.


Die Ernährungswissenschaftlerin, Ernährungspsychologin und Podcasterin Bastienne Neumann nimmt vor allem die Generationen Y und Z als sehr feinfühlig wahr, wenn es um mentale Erkrankungen geht: „Depressionen und Essstörungen sind weit verbreitet, doch inzwischen weniger stigmatisiert als noch vor einigen Jahren“, sagt Neumann. „Durch diesen offenen Umgang wird auch immer stärker thematisiert, was Betroffenen in schweren Zeiten geholfen hat.“


"Depressionen und Essstörungen sind weit verbreitet, doch inzwischen weniger stigmatisiert als noch vor einigen Jahren."
- Bastienne Neumann


Die Lebensmittelproduktion: Das gesteigerte Bewusstsein rund um die Ernährung führt auch dazu, dass detaillierte Informationen zu Wertschöpfungsketten sowie zu Produkten und Inhaltsstoffen nachgefragt werden. Für eine wachsende Zahl von Menschen wird es also immer wichtiger zu wissen, wie Produkte hergestellt werden, wie die Arbeitsbedingungen in der Produktion aussehen und welche Auswirkungen der Herstellungsprozess auf das Klima hat. Zudem werden Produkte mit Zusatzstoffen, Farbstoffen oder gehärteten Fetten immer weniger nachgefragt.

 

Dieser Artikel ist ein Auszug aus dem Trendreport Ernährung 2022, der in Kooperation mit dem Bundeszentrum für Ernährung (BZfE) konzipiert und erstellt wurde. Projektteam: Dr. Margareta Büning-Fesel, Eva Zovko, Harald Seitz (alle BZfE) sowie Dr. Simone Frey und Katharina Knoblich (Nutrition Hub).


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(v.l.n.r) Dr. Margareta Büning-Fesel, Eva Zovko, Harald Seitz (alle BZfE) sowie Dr. Simone Frey und Katharina Knoblich (Nutrition Hub).

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