Pflanzliche und flexitarische Ernährung: Der Trend 1 im Trendreport 2025
- NUTRITION HUB
- 12. Feb.
- 5 Min. Lesezeit
Aktualisiert: vor 6 Tagen

Im Trendreport Ernährung 2025 ist der Trend pflanzliche und flexitarische Ernährung wieder auf Platz 1: Der mit Abstand größte Anteil der Expertinnen und Experten – 82 Prozent – sieht diesen Trend klar im Aufschwung: Pflanzliche und flexitarische Ernährung scheint im Mainstream angekommen zu sein. Immer mehr Menschen entscheiden sich bewusst für eine Ernährungsweise, die vorwiegend pflanzlich ist, aber auch Raum für tierische Produkte lässt – in Maßen, versteht sich. Statt Dogmen zählt ein entspannter, flexibler Ansatz, der das Beste aus beiden Welten kombiniert.
Den gesamten Report mit den 10 Trends hier herunterladen:
Die Nutrition Hub Definition zu diesem Trend
Eine pflanzenbetonte und flexitarische Ernährung steht für eine bewusste, pflanzenbasierte Ernährungsweise, die den Konsum von Gemüse, Hülsenfrüchten und pflanzlichen Alternativen zu Fleisch und Milch fördert. Sie kombiniert diesen Fokus mit einer flexiblen, undogmatischen Haltung gegenüber tierischen Produkten – sowohl im eigenen Haushalt als auch in der Außer-Haus-Verpflegung.
Flexitarismus – der neue Standard?
Was einst zum Teil belächelt wurde, hat sich längst seinen Platz am Esstisch erobert. „Ich nehme wahr, dass pflanzlich basierte Ernährung mehr als Normalität akzeptiert und weniger stigmatisiert wird“, sagt der Ernährungswissenschaftler Felix Langer. Der Flexitarismus wird laut der Ernährungsprofis immer beliebter. Dabei zeichnet sich ab, dass es statt um Verzicht oder strikte Diäten eher um eine flexible, ausgewogene Ernährung geht, die den eigenen Bedürfnissen entspricht. Was Flexitarismus so attraktiv macht? Laut der befragten Expertinnen und Experten ist es vor allem der Mix aus gesundheitsfördernden und nachhaltigen Aspekten, ohne dabei allzu strengen Kriterien zu folgen.
Die Gesundheitsmotivation hinter pflanzenbetonter Ernährung
Zahlreiche Studien zeigen: Vegetarische Ernährung kann das Risiko für chronische Krankheiten wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes und einige Krebsarten senken. „Menschen möchten von sich aus weniger Fleisch essen, da ihnen die Auswirkungen auf den Körper immer bewusster werden“, sagt Rebecca Kunz, selbstständige Ernährungstherapeutin bei „Die Kunz der Ernährung“. Der Kern dieses Ernährungstrends liegt laut der befragten Fachleute in dem Wunsch, die körperliche und mentale Gesundheit eigenverantwortlich mit pflanzenbetonter Ernährung zu stärken. Die Reduktion von tierischen Produkten – ohne diese gänzlich vom Speiseplan zu verbannen – wird also zunehmend als eine Form der Vorsorge verstanden. Bemerkenswert: Viele Menschen setzen sich zunehmend mit den Details ihrer Ernährung auseinander. „Sie interessieren sich vor allem für die Nährstoffvielfalt und -qualität, um mit veganen Lebensmitteln wie Hülsenfrüchten, Tofu oder Nüssen ihren Mikronährstoffbedarf zu decken“, sagt Susanne Merkl, Diplom-Ingenieurin für Ernährung und Versorgungsmanagement sowie Produktmanagerin bei „Kloster Kitchen”. Laut der Expertinnen und Experten bevorzugen Verbraucherinnen und Verbraucher dabei zunehmend Produkte, die nährstoffreich und weniger verarbeitet sind.
Unternehmen reagieren
Die Lebensmittelwirtschaft steht vor neuen Herausforderungen: Ihre Produkte müssen mittlerweile vielfältigen Bedürfnissen gerecht werden. Klingt nach einer Mammutaufgabe? Ist es auch. „Unternehmen sind gezwungen, ihre Produkte und Rezepte insbesondere im Bereich der pflanzlichen Käsealternativen zu hinterfragen.“, sagt Svenja Polizzi, Ernährungswissenschaftlerin und Gründerin von „NutriFood Consulting”. Das deckt sich mit der Beobachtung von Alexander Dölle-Schocke, Ernährungs-wissenschaftler und Key Account Manager Foodservice bei „Planted Foods GmbH”: „Clean Label – also der Hinweis darauf, welche Zutaten nicht verwendet werden – ist die Anforderung an tierische Alternativ-produkte, vor allem im Bereich Pflanzenfleisch.“
Doch wie stellt man pflanzliche Produkte her, die mit tierischen Alternativen vergleichbar sind? „Es wird viel an der Optimierung des Herstellungsprozesses gearbeitet. Ziel ist es, dadurch eine gute Textur zu erreichen, um auf Zusatzstoffe in der Rezeptur verzichten zu können“, sagt Josefine Schneider, Ernährungswissenschaftlerin und Forschungskoordinatorin bei der Adalbert-Raps-Stiftung.

Dazu kommt die Nachfrage nach klima- und umweltfreundlichen Produktionsmethoden. Demnach wirken sich die neuen Anforderungen weitreichend auf die Produktentwicklung aus – und fördern Innovationen. „Die Möglichkeiten der Biomasse-Fermentation, der Nutzung von Pilzmyzel als Nahrungsquelle oder neue Technologien wie die Präzisionsfermentation und die Zellkultivierung lassen eine neue Produktpalette entstehen“, sagt Stefanie Kratzenstein, Ernährungswissenschaftlerin und Head of Academy & Partnership beim „Food Campus” in Berlin. Hochmoderne Verfahren wie diese eröffnen ein völlig neues Spektrum an pflanzlichen und zugleich nährstoffreichen Lebensmitteln.
Weiterdenken, besser essen
Die Nachfrage nach pflanzlichen Optionen wächst – ebenso wie der Anspruch an ihre Qualität: „Die meisten pflanzlichen Alternativen sind aus ernährungsphysiologischer Sicht aktuell weder ausgewogen noch ein adäquater Ersatz für tierische Referenzprodukte“, sagt Ernährungswissenschaftlerin Svenja Polizzi. Diese Kritik könnte die Innovationen anstoßen, die bessere Produkte schaffen. Wer sich für pflanzliche Alternativen entscheidet, tut das oft aus Überzeugung – für die Umwelt, das Tierwohl oder die eigene Gesundheit. Doch was, wenn der vegane Burger zwar das Klima schont, aber mit einem Nährstoff-Minus daherkommt? „In einem Teil der veganen Bewegung wird eine zunehmend kritische Haltung gegenüber einer rein pflanzlichen Ernährung eingenommen. Dabei wird beispielsweise die Zufuhr von Cholin, Taurin oder Carnitin thematisiert“, sagt Tim Zerback, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Forschungsinstitut für pflanzenbasierte Ernährung (IFPE). Welche langfristigen Auswirkungen eine rein pflanzliche Ernährung auf die Gesundheit haben könnte, werde zunehmend intensiver diskutiert.
Pflanzenpower in der Gemeinschaftsverpflegung
Pflanzenbetonte Ernährung ist längst nicht mehr nur Privatsache – die Gemeinschaftsverpflegung zieht nach. Bildungseinrichtungen, Kantinen und Krankenhäuser passen ihre Speisepläne an, um auf die steigende Nachfrage nach pflanzenbasierter Kost zu reagieren. Laut der befragten Expertinnen und Experten zeigt sich dieser Ernährungs-trend besonders deutlich im Kinder- und Jugendbereich. Dort wachse das Bewusstsein für die Bedeutung pflanzlicher Lebensmittel, die hier als gesunde und zukunftsorientierte Wahl verstanden werden. Nicht immer ist die Umstellung von heute auf morgen zu schaffen: „Wir in der Gemeinschaftsverpflegung befinden uns oftmals noch in alten Vertragsstrukturen mit mindestens einem fleischhaltigen Gericht pro Tag“, sagt Manuela Jansen, Ernährungstherapeutin und Produkt-managerin bei „WISAG Catering”. Solche Vertragsstrukturen bremsen den Wandel, insbesondere in öffentlich finanzierten Einrichtungen. Veränderung erfordert die Bereitschaft und die Zusammenarbeit aller Beteiligten – von Verpflegungsverantwortlichen in Kitas, Schulen und anderen Einrichtungen sowie Catering-Unternehmen über die Politik bis zu den Tischgästen. Ein positives Beispiel für Fachkräfte: Die Plattform „Unser Schulessen", die vom BMEL gefördert und vom Nationalen Qualitätszentrum für Ernährung in Kita und Schule (NQZ) bundesweit ausgerollt wird, bietet wertvolle Unterstützung und zeigt, wie eine nachhaltige und pflanzenbasierte Verpflegung in Bildungseinrichtungen erfolgreich umgesetzt werden kann.

Plantbased is here to stay!
Ob im privaten Bereich, in Ernährungsberatung und -therapie, Lebensmittelproduktion oder Gemeinschaftsverpflegung – die Zukunft der Ernährung ist pflanzenbetont, bewusst und flexibel, weniger verarbeitet, dafür vollgepackt mit wertvollen Nährstoffen. Und die Diskussion um die Nährstoffzusammensetzung pflanzlicher Produkte wird diesen Trend auch in Zukunft vorantreiben. „Wurde ‚vegan‘ noch von vielen belächelt, ist ‚pflanzenbasiert und nachhaltig‘ zu einem Thema geworden, dem sich immer mehr öffnen und das positive Assoziationen hervorruft. Plantbased is here to stay!“, sagt Alisia Schrieder, Ernährungsbloggerin. Und die Diskussion um die Nährstoffzusammensetzung pflanzlicher Produkte wird diesen Trend auch in Zukunft vorantreiben.
Dieser Artikel ist ein Auszug aus dem Trendreport Ernährung 2025, der in Kooperation mit dem Bundeszentrum für Ernährung (BZfE), der Dr. Rainer Wild-Stiftung, der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) Heilbronn und EIT Food Region West konzipiert und erstellt wurde.
Projektteam: Eva Zovko, Dr. Barbara Kaiser, Harald Seitz, Astrid Donalies (alle BZfE), Prof. Dr. Carolyn Hutter (DHBW), Dr. Silke Lichtenstein (Dr. Rainer Wild-Stiftung) und Frank Horlbeck (EIT Food Region West) sowie Dr. Simone Frey, Nina Koch, Meike Schnell-Schintag und Henrike Böhme (alle Nutrition Hub).
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